Scheidung Berlin
Fachanwalt Scheidungsrecht Berlin

aktuelle Urteile

Ehegattenunterhalt, neues Unterhaltsrecht, Befristung, Abänderung

Präklusion von Abänderungsgründen BGH XII ZR 147/10 vom 23.05.2012

Leitsatz (bearbeitet):

Wurde in einem Unterhaltsvergleich eine spätere Befristung des Unterhaltes vorbehalten, diese Befristung jedoch in einem späteren Abänderungsverfahren – welches nach der Veröffentlichung des Senatsurteils vom 12.4.2006 (XII ZR 249 / 03 in FamRZ 2006,1006 am 15. Juli 2006) am stattfand – nicht geltend gemacht, obwohl die materiell-rechtlichen Voraussetzungen für eine Befristung vorlagen, so ergibt sich weder aus der späteren BGH-Rechtsprechung noch aus dem Inkrafttreten des neuen Unterhaltsrechtes am 01.01.2008 eine wesentliche Änderung der rechtlichen Verhältnisse.
Eine Abänderung des Unterhaltes zugunsten des Unterhaltsschuldners ist deshalb aus diesem Grund nicht mehr möglich.

Sachverhalt:

Eheleute hatten im Jahr 2005 in einem gerichtlichen Vergleich einen nachehelichen Unterhalt von monatlich 569  € vereinbart. Sie hatten weiterhin festgestellt, dass die rechtlichen Voraussetzungen für eine Befristung des Unterhaltes gegenwärtig (noch) nicht vorliegen. Sollten die Voraussetzungen sich später ergeben, sollte der Ehemann eine Befristung des Unterhaltsanspruches  geltend machen dürfen.

Auf eine erste Abänderungsklage des Ehemannes änderte das Familiengericht die Unterhaltspflicht durch Urteil vom 15. Mai 2007 ab. Der Unterhaltsanspruch wurde auf 466 € monatlich herabgesetzt. Eine Befristung des Unterhaltes wurde in diesem Verfahren weder vom Ehemann geltend gemacht, noch vom Familiengericht geprüft.

Im März 2009 erhob der Ehemann eine zweite Abänderungsklage und begehrte nunmehr die zeitliche Begrenzung des Unterhalts. Er berief sich auf das am 01.01.2008 in Kraft getreten Unterhaltsrechtsänderungsgesetzes vom  21.12. 2008 (BGBl. I 3189). Das Familiengericht und auch das Oberlandesgericht Stuttgart gaben ihm Recht und befristeten den Unterhalt der Ehefrau bis zum 31. August 2009.

Dagegen  legte die Ehefrau Revision beim Bundesgerichtshof ein. Der BGH gab der Ehefrau Recht und hob das Urteil des OLG Stuttgart auf.

Begründung:

Der 12. Senat des BGH bestätigt seine bisherige Rechtsprechung. Bereits mit seinem Urteil vom 12.4.2006 habe er die Änderung im Unterhaltsrecht herbeigeführt. Ob ein Unterhaltsanspruch auf Dauer bestehe, sei davon abhängig, ob die Ehefrau durch die Kindererziehung und die Gestaltung des ehelichen Lebens nach der Scheidung ehebedingte Nachteile verblieben. Das Gesetz vom 21.12.2007 sei lediglich eine gesetzliche Ausformung und Fixierung der durch den BGH bereits geänderten Rechtslage.

Ab dem Zeitpunkt der Veröffentlichung dieses Urteils in der Fachpresse (das war am 15. Juli 2006) hätte der Ehemann den Einwand der Befristung mit Erfolg erheben können. Das OLG Stuttgart irre, wenn es meine, bis zu dem im Mai 2007 veröffentlichten Urteil des Senats vom 28. Februar 2007 (XII. ZR 161/04) in FamRZ 2007, 707 finde sich keine obergerichtliche Entscheidung, in der eine Befristung des Unterhaltes bei einer Ehe mit Kindern ausgesprochen worden sei und es sei daher für den Rechtsuchenden und die Gerichte nicht hinreichend klar gewesen, dass sich das Recht geändert habe.

Kommentar:

Die Rechtsprechung des zwölften Senates ist konsequent, wenn auch für eine große  Zahl von Ehemännern im Ergebnis fatal, weil sie von ihren Unterhaltsverpflichtungen selbst nach Jahrzehnten nicht befreit werden können, obwohl die materiell-rechtlichen Voraussetzungen an sich vorliegen.

Tatsächlich ist die Änderung der Rechtsprechung im Frühjahr 2006 von vielen Anwälten und von nahezu allen Gerichten in ihrer Bedeutung nicht wahrgenommen worden. Wir bearbeiten aus der Übergangszeit von Frühjahr 2006 bis Anfang 2008 in unserer Kanzlei etliche Fälle.

Hätte der Ehemann kein erstes Abänderungsverfahren durchgeführt, dann könnte er den Vergleich jetzt ohne weiteres „auf Null“  abändern. Das hatte ihm seine Ehefrau in dem ursprünglichen Vergleich auch zugebilligt. Sie macht sich jetzt den Fehler des Gerichtes aus dem Jahr 2007 zu Nutze und erhält – entgegen dem ursprünglich Vereinbarten –  nunmehr einen lebenslänglichen Unterhaltsanspruch.

Die Begründung des BGH zur Frage der Berücksichtigung von Kindern überzeugt nicht.
Nach altem Recht bestand in der Regel eine Unterhaltsverpflichtung, wenn der Unterhaltsberechtigte nicht nur vorübergehend ein gemeinschaftliches Kind allein oder überwiegend betreut hat oder betreut. In dem neuen § 1578b BGB steht davon nichts.

Der 12. Senat behauptet nun, auch diese Neufassung enthalte nichts neues. Die Kinderbetreuung hätte einer Befristung und Herabsetzung des Unterhaltes auch nach altem Recht nicht generell entgegengestanden, sondern nur in Abhängigkeit von der  Dauer.
Das stimmt den Buchstaben des Gesetzes nach, tatsächlich war die Rechtsprechung der Untergerichte jedoch eine gänzlich andere.

Übrigens muss der Einwand der Befristung auch erhoben werden, wenn etwa die Ehefrau eine Erhöhung des Unterhaltes verlangt. Sinn der Präklusionsvorschrift  des § 323 Abs. 2 ZPO alte Fassung,  jetzt § 238 Abs. 1 Satz 2 FamFG ist es, in einem streitigen Unterhaltssachverhalt zum Entscheidungszeitpunkt jeweils sämtliche Fragen abschließend zu regeln. So soll vermieden werden, dass wegen jeder tatsächlichen und rechtlichen Änderung, die einem Beteiligten später auffällt, nacheinander immer wieder Verfahren geführt werden.

Der BGH weist am Rande noch einmal darauf hin, dass die Familiengerichte die Frage der Befristung von Amts wegen zu prüfen haben und auch in ihrer Entscheidung nicht offen lassen dürfen. Das ist den meisten erstinstanzlichen Gerichten nicht bewusst gewesen.

Wie weit der Senat sich von der Rechtswirklichkeit abhebt, sieht man auch daran, dass er an anderer Stelle behauptet, schon vor der Rechtsprechungsänderung sei selbst bei der Betreuung von minderjährigen Kindern und einer Ehezeit von neuneinhalb Jahren eine Befristung in Frage gekommen. Tatsächlich dürfte dies die absolute Ausnahme sein, uns ist kein solcher Fall bekannt.

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Ehebedingte Nachteile, OLG Frankfurt/M. Urteil vom 29.11.2011 3 UF 285/09

Leitsatz (bearbeitet):

Nach Ablauf einer im Einzelfall zu bestimmenden Frist kann fiktiv davon ausgegangen werden, dass ein ehebedingter Nachteil bei genügender Anstrengung des Unterhaltsberechtigten hätte kompensiert werden können.

Sachverhalt:

Die Parteien haben 1992 geheiratet. Aus der Ehe ist 1993 ein Kind hervorgegangen. Die Beklagte ist Volljuristen, der Kläger Bankdirektor.
Vor der Ehe war die Ehefrau als selbstständige Rechtsanwältin tätig. Sie erzielte daraus ein typisches Durchschnittseinkommen. Nach der Geburt des Kindes arbeitete sie nicht mehr.
Die Parteien  haben sich im Jahr 1999 getrennt und wurden im Dezember 2001 geschieden. In einem Berufungsverfahren haben sie sich im Mai 2005 dahingehend verglichen, dass der Kläger an die Beklagte ab Januar 2005 Elementarunterhalt in Höhe von monatlich 2080 €, Altersvorsorgeunterhalt in Höhe von monatlich 321 € und Krankheitsvorsorgeunterhalt in Höhe von monatlich 480 € zahlt.
Wegen der Einführung des neuen Unterhaltsrechtes zum 01.01.2008 und der Vollendung des 15. Lebensjahres des Kindes im April 2008 verlangt der Kläger Abänderung des Vergleiches. Mit Wirkung ab Mai 2008 sei kein Unterhalt mehr zu zahlen, hilfsweise stützt er sein Begehren auf Befristung und Begrenzung.
Die Ehefrau erzielt in den Jahren 2008 nur knapp 22.000 € und im Jahr 2009 nur 17.400 € Gewinn.
Das Amtsgericht hat den Antrag des Klägers abgewiesen, auf die Berufung hat das OLG Frankfurt das Urteil des Amtsgerichtes abgeändert  und den Anspruch auf Unterhalt bis Januar 2014 befristet und bis dahin in Stufen abgesenkt.

Begründung des BGH:

Der Beklagten sind fiktive Einkünfte aus selbstständiger Tätigkeit zuzurechnen und zwar in Höhe des Durchschnittseinkommens eines selbstständigen Rechtsanwaltes. Sie ist so zu behandeln, wie sie beruflich stehen würde, wenn sie sich seit 2002 im Rahmen einer Teilzeittätigkeit und ab 2008  im Umfang einer Vollzeittätigkeit engagiert um den Aufbau ihrer Kanzlei gekümmert hätte.

Der Einwand der Beklagten, dass ihr Bedarf nach den ehelichen Lebensverhältnissen höher sei, ist unerheblich, da ihr gemäß § 1578b BGB kein Anspruch mehr zustehe, der den eigenen angemessenen Bedarf übersteigt.
Zwar liegt, solange die Beklagte ihren Bedarf als Folge der Berufspause nicht decken kann, ein kompensierbarer ehebedingter Nachteil vor. Ehebedingte Nachteile sind vor allem Erwerbsnachteile, die durch die von den Ehegatten praktizierte Rollenverteilung während der Ehe  entstanden sind. Es kommt nicht darauf an, ab welchem Zeitpunkt die Rollenverteilung praktiziert wird und auch nicht ob sie gemeinsam geplant war (BGH FamRZ 2011, 628,630).
Der ehebedingter Nachteil stellt die Differenz aus dem jetzt erzielten bzw. erzielbarem  Einkommen einerseits und dem nach dem hypothetischen Verlauf ohne Ehe und Kindererziehung erzielbaren Einkommen andererseits dar.
Ohne Ehe und Kindererziehung hätte die Kl., bezogen auf den Abänderungszeitpunkt im Jahre 2008, 23 Jahre als Rechtsanwältin gearbeitet. Sie hätte danach die Aufbauphase längst hinter sich und würde heute ein durchschnittliches Einkommen erzielen.
Hätte sie im Jahr 2002 begonnen  sich engagiert wenigstens halbtags um den und Aufbau ihrer Kanzlei zu kümmern und ab dem Jahr 2008 auch volltags, so würde sie nach Einschätzung des Senats spätestens im Januar 2014 (also nach 12 Jahren)  das durchschnittliche Einkommen von Anwälten erreichen.

Die Ehefrau kann über die Kompensation des ehebedingten Nachteils hinaus kein dauerhafter Aufstockungsunterhalt zuerkannt werden. Es entspricht nicht der Billigkeit, den Ehemann zu verpflichten, der Beklagten auf Dauer Unterhalt nach den ehelichen Lebensverhältnissen zu zahlen. Dies gilt insbesondere unter Berücksichtigung  der relativ kurzen Ehezeit (8 Jahre)  und der langen Dauer der Unterhaltsverpflichtung des Klägers von insgesamt 15 Jahren also sogar um 6 Jahre länger als die Ehezeit.

Bei dem abzuändernden Unterhaltsvergleich handelte es sich um Betreuungsunterhalt dessen Auslaufen absehbar war.Der Fall ist daher nicht mit den Fällen vergleichbar, in denen Ehefrauen nach langer Ehe auf bereits seit vielen Jahren bestehende Titel über Aufstockungsunterhalt vertraut haben und nicht mehr damit gerechnet haben, dass sich vor dem Eintritt der Rente noch eine Änderung ergeben könnte.

Unser Kommentar:

Das Urteil stellt klar, dass die am Ende der Ehezeit vorgefundene Situation nicht statisch ist, sondern der Unterhaltsberechtigte verpflichtet ist, sich nach Kräften um eine seiner eigenen Lebensstellung gemäße Beschäftigung zu bemühen. § 1574 Abs. 3 BGB ist dabei heranzuziehen.
Das OLG vergleicht die hypothetischen Entwicklung mit und ohne die eheliche Rollenverteilung und Belastung und kommt zu dem Ergebnis, dass bei einem selbstständigen Rechtsanwalt ein bestimmtes Durchschnittseinkommen nach einer gewissen Zeit erreichbar  ist.
Anders sind Fälle zu betrachten, wenn man etwa Laufbahnkarrieren von Angestellten oder Beamten vergleicht. Bei diesen bleibt wegen fehlender Aufstiegsmöglichkeiten in einem bestimmten Zeitraum bzw. durch ausgelassene  Altersstufen in jedem Fall ein geringer, nicht kompensierbarer ehelicher Nachteil zurück und damit ein Unterhaltsanspruch, jedenfalls bis zum Eintritt in den Ruhestand.

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Sättigungsgrenze

BGH, Urteil vom 11.8.2011 XII ZR 102/ 09

Leitsatz (berbeitet):

Die Berechnung des nachehelichen Unterhaltsbedarfs nach einer Quote des vorhandenen Einkommens beruht auf der Annahme, dass das gesamte vorhandene Einkommen für den Lebensunterhalt der Ehegatten verwendet wird. Bei besonders günstigen Einkommensverhältnissen, bei denen die Vermutung nahe liegt, dass nicht sämtliche Einnahmen für den Lebensunterhalt verbraucht werden, sondern ein Teil von ihnen auch der Vermögensbildung zufließt, ist ein höherer Bedarf konkret zu begründen .

Sachverhalt:

In einem Verfahren über nachehelichen Unterhalt begehrte die Ehefrau einen konkret nach einzelnen Bedarfspositionen errechneten Unterhalt von 3.800 €. Das Einkommen des  Ehemannes lag deutlich über 5.100 €.

Das OLG Hamm hat die Berechnungsmethode der Ehefrau gebilligt, der Höhe nach aber weniger Unterhalt zugesprochen als beantragt. Dagegen wendet sich der Ehemann mit der Revision.

Begründung des BGH:

Wenn das Berufungsgericht eine konkrete Bemessung des nachehelichen Unterhaltsbedarfs verlangt, sofern dieser den Bedarf auf der Grundlage des Einkommens nach der höchsten Stufe der Düsseldorfer Tabelle übersteigt, lässt dies keine Rechtsfehler erkennen. Zwar wird eine absolute Sättigungsgrenze für den nachehelichen Unterhalt durchweg abgelehnt. Das Einkommen von gegenwärtig 5.100 € bildet aber nur die Höchstgrenze des vom Einkommen des besser verdienenden Ehegatten abgeleiteten Quotenunterhalts (vgl. auch Wendl/Gerhardt aaO § 4 Rdn. 368a; Kalthoener/Büttner/Niepmann Die Rechtsprechung zur Höhe des Unterhalts 10. Aufl. Rdn. 42 f.). Die konkrete Darlegung eines höheren Unterhaltsbedarfs nach den ehelichen Lebensverhältnissen ist dadurch nicht ausgeschlossen.

Unser Kommentar:

Das Urteil ist so zu verstehen, dass ab einem Gesamteinkommen der Eheleute von netto bereinigt über 5.100 € der Unterhaltsberechtigte seinen Unterhaltsbedarf konkret zu beziffern hat. D.h. umgekehrt, dass nur bis zur Grenze von 5.100,00 € der Unterhalt als Quote vom Gesamteinkommen verlangt werden kann.

Beispiel: Bereinigtes Einkommen Ehemann 7.000 €, bereinigtes Einkommen Ehefrau 2.000 €. Der Unterhalt nach der quotaler Berechnung betrüge 3/7 der Differenz von 5.000= 2.142 €. So darf aber nicht gerechnet werden, da sonst  der Unterhaltsberechtigte auch nach der Trennung möglicherweise Geld erhielte, welches zu Zeiten des Zusammenlebens der Vermögensbildung zugeführt wurde und nicht der Bestreitung seines Lebensunterhaltes diente. Um diesen Teil, die Vermögensbildung, auszuscheiden wird verlangt, dass der Unterhaltsbedürftige darstellt,  welche  Mittel er zu Zeiten des Zusammenlebens regelmäßig verbraucht hat. Es kann sich dabei ein Bedarf ergeben, der dem Quotenunterhalt entspricht, mehr als die Hälfte des Gesamteinkommens kann der Berechtigte aber nicht verlangen.

Die konkrete Berechnungsmethode wird seit Jahren im Oberlandesgerichtsbezirk München und Frankfurt am Main praktiziert. Sie hat in die unterhaltsrechtlichen Leitlinien des OLG Düsseldorf  und in die Leitlinien des Thüringischen OLG Eingang gefunden. Im Einzelnen ist manches umstritten, das Brandenburgische OLG und das OLG Köln vertreten teilweise andere Einkommens- bzw. Bedarfsgrenzen.

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Fälligkeit von Unterhaltszahlungen

OLG Bamberg 7 WF 31/80 (FamRZ 1980, 916) vgl. auch BGH 4b 15.11.1989 Az. IVb ZR 3/89

Stichworte: Fälligkeit von Unterhalt, Verzug, monatliche Vorauszahlung

Leitsatz:

Die Formulierung des BGB § 1612 Abs.  3 (ebenso des BGB § 1361 Abs 4 S 2) „monatlich im voraus“ ist nur für den Fälligkeitszeitpunkt in Bezug auf die Unterhaltsperiode von einem Monat von Bedeutung; sie ist nicht gleichbedeutend mit „jeweils am Monatsersten“.

Mit welchem Monatstag jeweils die monatliche Unterhaltsperiode beginnt, ist gemäß BGB § 271 im Einzelfall zu entscheiden.

 Begründung des BGH:

Das Oberlandesgericht hat die Ansprüche auf Trennungsunterhalt nach § 1361 BGB und auf Kindesunterhalt nach § 1601 BGB grundsätzlich bejaht, sie aber – ohne nähere Begründung – zeitlich erst am 28. November 1986 einsetzen lassen. Damit hat es sich offenbar dem amtsgerichtlichen Urteil angeschlossen, das zu diesem Punkt ausführt, der Ehemann sei erst durch Zugang des anwaltlichen Mahnschreibens vom 27. November 1986 in Verzug gekommen, so daß gemäß § 1613 BGB, der nach § 1361 Abs. 4 Satz 4 i.V. mit § 1360a Abs. 3 BGB auf den Trennungsunterhalt entsprechend anzuwenden ist, frühestens ab dem 28. November 1986 Unterhalt gefordert werden könne. Die Revisionen berufen sich demgegenüber auf eine vereinzelt vertretene Ansicht, wonach Unterhaltsansprüche erst mit dem ersten Tag des nächsten Monats der Vergangenheit angehören, so daß eine im Laufe des Monats zugegangene Mahnung Verzug mit der Unterhaltsschuld für den gesamten Monat begründe (vgl. OLG Hamm FamRZ 1980, 916; zustimmend Palandt/Diederichsen BGB 48. Aufl. § 1613 Anm. 2 a). Der Senat, der eine derartige Rückbeziehung des den Verzug auslösenden Vorgangs bereits für die endgültige Leistungsverweigerung abgelehnt hat (vgl. Senatsurteil vom 24. Oktober 1984 – IVb ZR 43/83 – FamRZ 1985, 155, 157f), vermag diese Auffassung ebensowenig zu teilen wie eine andere, die den Verzug in einem solchen Fall regelmäßig erst mit dem Beginn des Folgemonats eintreten läßt (vgl. OLG Bamberg FamRZ 1980, 916; OLG Köln FamRZ 1985, 1168, 1169; Kalthoener/Büttner, Rechtsprechung zur Höhe des Unterhalts 4. Aufl. Rdn. 191; MünchKomm/Köhler 2. Aufl. § 1613 Rdn. 3 a). Da der Verzug nach § 284 Abs. 1 Satz 1 BGB erst „durch“ die Mahnung eintritt, genügt es nicht, daß der Unterhalt für den gesamten Monat bereits am vorausgegangenen Monatsersten fällig war. Gründe der Vereinfachung der Unterhaltsberechnung oder des Schuldnerschutzes rechtfertigen es andererseits nicht, dem Berechtigten einen nach materiellem Recht zustehenden Unterhaltsanspruch teilweise zu nehmen, indem der Verzugseintritt auf den Beginn des Folgemonats verlegt wird (richtig KG FamRZ 1984, 1131, 1134; Soergel/Häberle BGB 12. Aufl. § 1613 Rdn. 3). Das Oberlandesgericht hat daher zutreffend angenommen, daß Unterhalt erst ab 28. November 1986 gefordert werden kann.

Unser Kommentar:

Die  Unterhaltsperiode von einem Monat fällt nicht notwendigerweise auf den Ersten eines Monats. Zwar ist es üblich, diesen Zeitpunkt zu wählen, daraus folgt aber nicht, dass dies notwendigerweise so sein muss.

Ein Unterhaltsanspruch entsteht nicht, bevor der Unterhaltsverpflichtete  zur Zahlung aufgefordert wird. Dieser Tag ist dann der Tag an dem die Unterhaltsperiode von einem Monat beginnt.

Enthält z.B. ein Unterhaltsurteil keinen Zeitpunkt ab dem der Unterhalt zu zahlen ist, dann beginnt die Unterhaltspflicht am Tag der Zustellung des Urteils. Diese Frage ist u.a. von Belang für die Frage ab wann Verzug des Unterhaltsschuldners eintritt.

BGH Urteil vom 27.01.2010, XII ZR 100/08

Stichworte: Befristung von Unterhaltsansprüchen, ehebedingter Nachteil, Abänderung, fiktives Einkommen, Erwerbsobliegenheit

Hat das Gericht dem unterhaltsberechtigten Ehegatten im Vorprozess keine zusätzlichen Erwerbseinkünfte fiktiv zugerechnet und damit nach § 1577 Abs. 1 BGB zugleich entschieden, dass er seiner Erwerbsobliegenheit genügt hat, ist diese Feststellung auch im Abänderungsverfahren maßgebend. Der Unterhaltsverpflichtete kann deshalb nicht einwenden, der Unterhaltsberechtigte erleide bei Aufnahme der ihm obliegenden Erwerbstätigkeit keinen ehebedingten Nachteil, weshalb eine Befristung des Unterhalts aus diesem Gesichtspunkt ausscheidet. Etwas anders gilt nur, wenn der Unterhaltsverpflichtete eine wesentliche Veränderung der Verhältnisse dargetan hat, die eine solche Obliegenheit im Nachhinein begründen könnte.

Sachverhalt:

Die Parteien waren von 1980 bis 1997 verheiratet,während der Ehe widmete sich die Ehefrau der Erziehung des Kindes.

Zuvor war sie als Erzieherin im öffentlichen Dienst tätig.  Nach der Scheidung arbeitete die Ehefrau als Verkäuferin in einer Bäckerei zu einem niedrigeren Verdienst, als sie ihn als Erzieherin hätte erzielen können.

Auf ihre Klage aus dem Jahr 2003 hin wurde der Ehemann im Jahre 2005  zu nachehelichem Unterhalt in Höhe von 421 € monatlich verurteilt. Das Gericht hatte in dem Urteil das Einkommen der ehemaligen Ehefrau als Verkäuferin zugrunde gelegt und nicht das fiktive Einkommen, dass sie  als Erzieherin hätte erzielen können.

Der Ehemann begehrte mit im Jahre 2006 erhobener Abänderungsklage die Abänderung des Urteil dahingehend, dass der Unterhaltsanspruch zeitlich zu begrenzen sei . Ein fortdauernder ehebedingter Nachteil sei der Ehefrau nicht entstanden, sie könne jederzeit wieder als Erzieherin arbeiten.

Begründung des BGH:

Der BGH bestätigt das Urteil des OLG. Ob der Ehefrau ein ehebedingter Nachteil entstanden ist oder nicht, sei nicht mehr zu prüfen. Das Urteil des Amtsgerichts vom 25. Mai 2005, dessen Abänderung der Kläger begehrt, hat der Beklagten auf Grundlage der Einkünfte aus ihrer vollschichtigen Tätigkeit als Bäckereiverkäuferin Aufstockungsunterhalt zugesprochen. Damit hat das Amtsgericht zugleich – wenn auch nicht ausdrücklich – festgestellt, dass die Beklagte unterhaltsrechtlich nicht dazu verpflichtet war, in ihrem ursprünglich erlernten Beruf als Erzieherin zu arbeiten. Denn andernfalls hätte es ihr im Rahmen der Bedürftigkeitsprüfung nach § 1577 Abs. 1 BGB höhere fiktive Einkünfte zurechnen müssen.

Gelangt das Gericht indes bereits im Rahmen der Bedürftigkeitsprüfung zu der Überzeugung, dass der Unterhaltsgläubiger kein seiner Ausbildung entsprechendes adäquates Einkommen erzielen kann, erübrigt sich eine erneute Prüfung im Rahmen des § 1578 b BGB (vgl. Senatsurteil vom 27. Mai 2009 – XII ZR 78/08FamRZ 2009, 1300 ).

Unser Kommentar:

Hier zeigt sich ein gefährliche Falle. Nicht nur der Tenor eines Urteils erwächst in Rechtskraft, sondern auch die im zugrundeliegenden Fesstellungen, selbst wenn sie nicht ausdrücklich ausgeführt werden und möglicherweise dem Gericht nicht einmal bewußt waren.

Hier hatte das Amtsgericht seinerzeit einfach das aktuelle Gehalt zu Grunde gelegt und nicht probelematisiert, ob die Ehefrau verpflichtet und in der Lage wäre, ein höheres Einkommen zu erzielen. Der BGH betont, dass damit (unausgesprochen) festgestellt sei ,dass die Frau nicht mehr verdienen müsse. Da sie dann aber (berechtigt)  weniger verdiene als sie als Erzieherin verdienen könnte, hat   sie einen dauernden ehelichen Nachteil erlitten. Die heutzutage übliche Befristung des Unterhalts ist damit für immer verwehrt.

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